Im Gespräch mit Severin Bischof
Barrierefreies Leben und Arbeiten
Im Gespräch mit Severin Bischof zum Thema Türautomation
Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf Gleichstellung und Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen.
Herr Bischof, die Firma FAND AG installierte vor einem Jahr diverse Automationen und machte bauliche Anpassungen, die Ihnen heute einen barrierefreien und autonomen Zutritt zu ihrer Kanzlei ermöglichen. Wie war die Situation vorher?
Severin Bischof: Ich bin seit 2018 selbständig. Um zu meinem Arbeitsplatz an der St. Leonhardstrasse zu gelangen muss ich durch die Haupteingangs- und eine Windfangtüre, mit dem Lift in den 3. Stock um dann, auf engstem Raum, über eine Schwelle in die Kanzlei gelangen. Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit wollte, musste ich telefonisch jemanden zum Haupteingang bestellen, der für mich dann alle Türen öffnete und ausserdem vor und nach der Schwelle zum Büro eine Gummirampe auslegte. Selbst mit dem Elektrorollstuhl ist es nämlich schwierig einen 5 cm hohen Absatz zu überwinden. Und am Abend wieder dasselbe. Ich hatte also in den ersten anderthalb Jahren als Jungunternehmer ausschliesslich während den Büroöffnungszeiten und auch dann nur, wenn jemand sonst noch präsent war, Zugang zu meinem eigenen Büro.
Wie ist das heute gelöst?
Severin Bischof: Die beiden Türen im Erdgeschoss und die Kanzleitüren sind automatisiert. Einfach zu bedienen mit einen Handsender und einem zusätzlichen Taster, der an der Wand befestigt ist. Bei Kälte ist die Kraft in meinen Finger nicht ausreichend. Herr Fanderl konnte dann aber den Handsender mit einfacher zu bedienenden Knöpfen aufrüsten. Ich kann also mit einem einzigen Tool all meine Türen, zu Hause und im Büro öffnen und schliessen.
Wie wurde das Problem der Schwelle gelöst?
Severin Bischof: Die Schwelle habe ich fast vergessen, seit sie nicht mehr ist. (lacht) Die Firma FAND AG hat Rücksprache mit der Verwaltung gehalten und durfte die Schwelle demontieren. Alles ist handwerklich, brandschutztechnisch und denkmalschutzrechtlich einwandfrei umgesetzt und fällt gar nicht auf. Die zwei Türflügel wurden unten klima- und schalltechnisch abgedichtet. Selbstverständlich kann diese Schwelle bei Bedarf rückgebaut werden. Ich weiss, dass die Firma FAND AG auch Türschwellenrampen im Sortiment hat. Für meine Situation ist das das aber die beste und kostengünstigste Variante.
Mussten sie die Kosten für die Automationen und den Umbau selber tragen?
Severin Bischof: Versicherte der IV haben Anspruch auf Hilfsmittel, die sie benötigen, um weiter erwerbstätig oder in ihrem bisherigen Aufgabenbereich tätig bleiben zu können. Bei mir wurden die Kosten zur Gänze übernommen.
Haben alle Menschen Anspruch auf einen barrierefreien Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz?
Severin Bischof: Es gibt in der Schweiz ein Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) welches Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen sucht. In der Praxis gibt es nicht „den Behinderten“. Einschränkungen können durch Krankheit oder Unfall entstehen, Auswirkungen und Verlauf sind bei jedem Menschen individuell.
Die Mitarbeiter der FAND AG sind Tüftler mit grosser Begeisterung für ihre Arbeit. Jeder Mensch mit Behinderung ist einzigartig mit seinen Möglichkeiten und Anliegen. Es gibt also keine passenden 08/15 Lösungen für Hilfsmittel. Bei den Mitarbeitenden der FAND AG erlebe ich Interesse an meiner individuellen Situation, Experimentierfreude und
Innovationsfähigkeit.
Dr. iur. Severin Bischof ist Anwalt und öffentlicher Notar in der Kanzlei Degginger, Bischof, Zlabinger im Herzen der Stadt St. Gallen. Als Co-Präsident der Fördervereins CléA engagiert es sich für die Vereinfachung des Lebens mit Assistenz. Mit der App «CléA Assistenzplattform» will der Verein Marktführer bei der digitalen Organisation des Lebens mit Assistenz werden. Ein erstes Modul der Applikation ist die «CléA Jobplattform», für die man sich als Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereits jetzt registrieren kann. Weitere Info finden Sie auf http://www.clea.app
